Um kaum eine Vereinigung ranken sich so viele Gerüchte. Viele meinen, die GEMA sei eine Gewerkschaft für Urheber und würde deren Rechte vertreten und schützen. Die Wahrheit ist einfacher.
Die Hauptaufgabe der GEMA ist: Lizenzgebühren eintreiben. Sie bietet keinen Urheberschutz, sondern ist in erster Linie ein Inkassobüro.
Insofern kümmert sie sich tatsächlich um die Interessen von Komponisten und Textern, allerdings nur um die finanziellen. Und das betrifft auch die Nutzung von Musik in der Warteschleife.
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte hat einen legendären und eher angeknacksten Ruf. Die Gründe sind vielfältig. Wahlweise wird die GEMA als zu streng, zu penibel, zu umständlich oder zu undemokratisch angesehen.
Aus der Sicht eines Komponisten oder Texters mag lückenlose Überwachung und ein konsequentes Inkasso durchaus in Ordnung sein. Aus der Sicht der Musikkneipe um die Ecke, die für ein kleines Konzert bezahlen und das Event bei der GEMA melden muss, sieht das vermutlich anders aus. Egal ob Tanzstudio oder Vergnügungspark, Web-Radiosender oder TV-Station, wer öffentlich Musik wiedergibt oder vervielfältigt, wird zur Kasse gebeten und mit einigem administrativem Aufwand konfrontiert.
Die Grundidee der GEMA ist sicher richtig. Richtig ist aber auch, dass sie sich immer wieder mit einer selbstherrlichen Aura und umständlichen Tarifen und Formalitäten selbst im Weg steht. Außerdem: Die GEMA betreibt einen stattlichen bürokratischen Aufwand. Arbeitsmittel und über 1000 Mitarbeiter verschlingen jährlich mehr als 120 Millionen Euro und aktuell über 14 Prozent der Erträge. Das schürt Unmut.
Auch bei den Urhebern selbst ist die Gesellschaft in der jüngeren Vergangenheit durch das so genannte Pro-Verfahren in die Kritik geraten. Dieses Abrechnungsverfahren wurde 1998 ohne Beschluss der Mitgliederversammlung ins Leben gerufen und wurde von vielen Komponisten und Textern als ungerecht und undurchsichtig bewertet. Machen wir hier lieber einen Punkt.
Die GEMA hat in Sachen "Telekommunikation" zwei Tarife:
Die Bestimmungen dieses Tarifs sind im Vergleich zu anderen Tarifen relativ klar: Je angefangene 30 Amtsleitungen bezahlt ein Unternehmen derzeit 182,40 EUR Lizenzgebühren pro Jahr. Die Nutzung GEMApflichtiger Musik in der Telefonanlage muss jeweils bei der zuständigen Bezirksdirektion angemeldet werden. Was allerdings nicht so klar gesagt wird ist, ob dieser Tarif pro Standort gilt oder ob ein Unternehmen auch Amtsleitungen verschiedener Standorte bündeln darf.
Der Tarif WR-TEL gilt für Nutzungen von Musikwerken im Rahmen von Telekommunikation zu Erwerbszwecken. Gemeint sind damit z.B.
Dieser Tarif wird pauschal berechnet mit 240 EUR pro Jahr.
.., die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten. Das Leistungsschutzrecht schützt den Interpreten (z.B. Musiker, Sänger) einer Aufnahme und den Tonträger-Hersteller. Auch diese erbringen eine individuelle Leistung, indem sie ein Werk reproduzieren. Die Lizenzierungen für die öffentliche Wiedergabe - dazu zählt auch die Telefonwarteschleife - erfolgen für die GVL über das Inkasso der GEMA. Das Thema GVL kann man als Nutzer von Wartemusik also abhaken.
In der Schweiz nennt sich das Pendant zur GEMA "SUISA" oder "Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik". Die SUISA kassiert für die Nutzung von Rechten in der Schweiz und in
Liechtenstein. Die Lizenzgebühren für Telefonwarteschlaufen und Music On Hold verstecken sich dort im Tarif GT 3a (Gemeinsamer Tarif 3a).
Unternehmen und Organisationen bezahlen demnach eine Urheberrechtsvergütung, die sich - wie in Deutschland - nach der Zahl der Amtslinien berechnet. Hier die harten Fakten:
Für mehr als 200 Amtslinien fallen zusätzlich zur Basisvergütung an:
Auch bei der SUISA muss man sich selbständig um die Meldung der genutzten Musiktitel kümmern. Im O-Ton heißt das dann: "Die Nutzer melden die von ihnen betriebenen Nutzungsorte (einschliesslich der vollständigen Adresse) sowie alle weiteren Angaben, die zur Berechnung der Vergütung erforderlich sind, innert 10 Tagen nach Beginn der Nutzung der Werke oder anderer geschützter Güter."
Bei der österreichischen AKM, offiziell: AKM Autoren, Komponisten und Musikverleger registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, sind die Bestimmungen für Telefonwartemusik noch besser versteckt. In den "Autonomen Tarifen für Dauerveranstaltungen". Eine Warteschleife ist eine Dauerveranstaltung? Da muss man erst mal drauf kommen. Auch in Österreich richtet sich der Tarif für Musik in Telefonwarteschleifen nach der Anzahl der Nebenstellen der Telefonanlage.
Für mehr als 20 Amtslinien fallen zusätzlich an:
Weiter heißt es: Dieser Tarif bezieht sich nur auf Musiknutzungen in Telefon-Warteschleifen, für die der Anrufer dem Musikveranstalter kein Entgelt bezahlt. Was vermutlich bedeutet, dass bei einer kostenpflichtigen Rufnummer andere Bestimmungen gelten. Ach und: Der Musikveranstalter ist dann wohl das Unternehmen.
GEMA, SUISA oder AKM-pflichtige Musik in die Warteschleife einzuspielen, mag eine verlockende Idee sein und kann in bestimmten Fällen seine Berechtigung haben. Es gibt aber einiges, was für den Einsatz von Wartemusik spricht, die NICHT bei einer Urheberrechts-Gesellschaft gemeldet ist.
ᐅ Unser Archiv mit GEMAfreier Wartemusik